Art Bagua. Philosophie

Am Anfang dieses Projektes stand die Frage, was Kunst denn nun sei. Gibt es im Internet Kunst, oder ist es wie bei Werbeagenturen einfach nur komplizierte Technologie mit verschiedenen Aspekten? Sicher, das Kunstwerk, dargestellt im Internet, ist das "Objekt" des "Galeristen". Ist jedoch die Galerie selbst Kunst? Auch die großen Philosophen konnten mir nicht dabei helfen, diese Fragen sicher zu beantworten. Nach der ansatzweisen Lektüre der Geschichte "westlicher" und "östlicher" Philosophien (von Platon über Patanjali und Konfuzius bis hin zu Kant und weiteren) kam ich zu dem Schluss, dass es mitnichten möglich ist, den Begriff "Kunst" semantisch allgemeingültig und zeitlos zu definieren. Ich war jedoch nie der Meinung, dass jeder Mensch ein Künstler ist - hier widerspreche ich Beuys. Für mich ist ein bildender Künstler ein Mensch, der Gegenstände so manipuliert, dass sie zu Kunstgegenständen werden, wobei es nötig ist, sie in einen Kontext zu setzen, zu überdenken und zu erklären. Es reicht also nicht, einfach nur ein Bild zu malen oder eine abstrakte Skulptur zu gestalten. Die Erklärung des Schaffens und des Geschaffenen sowie des Kontextes macht es erst möglich, eine Aussage über die Welt zu machen, in der wir leben. Dies gilt meiner Meinung nach - in anderer Form - ebenso für einen darstellenden Künstler. Ich habe mich für die bildende Kunst entschieden, weil ich selbst als Person nicht zum Objekt werden wollte. Diese Netzseite ist für mich die einzig sinnvolle Alternative zu einer Galerie, zumal ich mir nicht mal ein Atelier leisten kann. Sie stellt also eine kleine Werkschau und Präsentation meines kreativen Schaffens in einem fließenden Wachstumsprozess dar. So wie das Leben sich entwickelt, wird auch diese Netzseite sich entwickeln.

Symbolischer Surrealismus

Die Malerei, Zeichnungen, Fotos, Objekte und die Texte, die auf dieser Netzseite gezeigt werden, haben sowohl einen Bezug zur tatsächlichen, gegenständlichen Welt, als auch einen Bezug zur Traumwelt. Was 1998 als intuitive Malerei begann, setzt sich nun mit der Suche nach einem kunsthistorischen Bezug bei den Surrealisten und der abstrakten Kunst fort. Das in (Tag-)Traum und Vision Erfahrene auf ein Blatt Papier, in Materialien wie Holz, Stein, Metall oder auf Leinwand zu projizieren, ist jedoch nicht mein Ziel. Am Beispiel des Bildes "Torwege/Augenohr" sieht man einen Eingang zu zwei symbolisch dargestellten Wahrnehmungsbereichen, und dennoch kann man in diesem Bild, entfernt einem Rorschach - Test ähnelnd, Vieles sehen und auch seine eigene psychische Konstitution erkennen. Auch die Fotos spielen mit der Wahrnehmung. Blickwinkel, Unschärfe, Verzerrung: Wir sehen nicht so scharf, wie man fotografieren kann, aber unsere Wahrnehmung ist umfassender. Wir befinden uns am Anfang des 21. Jahrhunderts, so wie sich die ersten Surrealisten am Anfang des 20. Jahrhunderts befanden. Damals eroberten neue Technologien und Theorien die Welt und beschleunigten die Art und Weise, wie Menschen leben. Heute ist das nicht anders. Und auch Heute verändert es unsere "Traumwelt", selbst wenn bestimmte Dinge grundsätzlich gleich geblieben sind - wie zum Beispiel der Gebrauch des Didgeridoo oder Leinwände auszugestalten. Auch wenn sich die Sprache geändert hat, vergisst die Menschheit ihre Wurzeln nicht - deshalb entwickle ich einen Editor für eine der ältesten Sprachen der Welt und den Entwurf eines Analyse-Programms für grammatikalische Formen. Dies ist jedoch, wie alles auf dieser Netzseite, nur in einem künstlerischen Kontext zu verstehen. Das Programm muß nicht unbedingt bestimmten Vorschriften oder Idealvorstellungen entsprechen, sondern einfach nur Sanskrit-Texte erzeugen, manipulieren und deren Bestandteile analysieren. Der Kontext ist also die Erzeugung von Vielschichtigkeit und Vieldeutigkeit durch Kürze und Einfachheit. Diesem Kontext entsprechen neben der Grammatik des Sanskrits auch bestimmte Geräte, Programmiersprachen und Benutzeroberflächen. Um diese Zusammenhänge aufzuzeigen, ist ein "Bagua" geradezu ideal gewesen, da es bis zu einem gewissen Grad praktisch unsere Welt erklären kann, nicht nur als Ziffernblock auf dem Telefon. Hier kann man erkennen, dass etwas Altes nicht unbedingt "altbacken" oder weltfremd sein muss.

Kunst, Geschichte und Zukunft

Das augenscheinlich Unvereinbare wirklich zu vereinen, ist wohl noch keinem Mensch gelungen. Es gibt zwar utopische Romane, die von Zeitreisen handeln, offiziell hat das aber bis jetzt noch kein Mensch getan.Die Vergangenheit und die Zukunft bleiben getrennt, ein Mensch würde sich wohl kaum mit Raum ohne Zeit zurechtfinden können. Unsere "Zeitreisen" beschränken sich auf das lineare Leben bis zu unserem Tod. Selbst wenn Menschen in den Weltraum fliegen oder den Raum krümmen, sind sie unabänderlich der Raum-Zeit unterworfen. Nicht zuletzt deshalb ist interstellares Reisen durch den Weltraum bisher offiziell ein Abenteuer des Genres Science Fiction geblieben. Der Fantasie und der Kunst der Menschheit jedoch konnten die Fakten der Wissenschaft bisher keinen Riegel vorschieben. Daher finde ich es sehr interessant, mich den allgegenwärtigen Naturwissenschaften über die Kunst in Verbindung mit der Geschichte zu nähern. Einige meiner Schlussfolgerungen aus der Geschichte der Erbauer der Pyramiden in Ägypten konnte ich mit modernen handwerklichen Mitteln auch künstlerisch zum Ausdruck bringen. Die Inspiration durch Gene Rodenberrys "Star Trek" habe ich in direktem Zusammenhang mit Stanley Kubricks "2001: Odyssee im Weltraum" und anderen, verschiedenen Zukunftsvisionen der Zivilisation in einen Prototyp für die Wasserforschung transformiert. Der Prototyp ist sowohl eine künstlerische Skulptur, als auch eine wissenschaftliche Apparatur. Seltsamerweise ergeben sich aus der Vorgehensweise, die ja nun nicht gerade wissenschaftlich ist, erstaunliche Synergie-Effekte. Die Fibonacci-Zahlen und der goldene Schnitt sind ebenso in allen zur Herstellung verwendeten Produkten immanent wie die Theorien von Einstein und Heisenberg. Was für Berufswissenschaftler hier sehr befremdlich wirken mag, wage ich als Synthese von Kunst und Wissenschaft anzugehen. Kunst und Wissenschaft haben eine sehr wichtige Gemeinsamkeit: Sie stellen Fragen. Es sind die Fragen der Kunst und der Wissenschaft, die Millionen von Künstlern und Wissenschaftlern auf dem Planeten Erde antreiben, ihre Arbeit fortzusetzen. Mit dem Internet als Medium kann auch ich mit wenig Geld ohne klassische Galerie und klassischen Kunstbetrieb als Autodidakt Abbilder meiner Werke jedem Interessent auf der Welt präsentieren, der über einen Internet-Zugang und einen PC verfügt. Die Frage, ob die menschliche Zivilisation nun wirklich die angestrebte bessere Zukunft erreicht hat, lasse ich - inspiriert und begeistert von Stanislaw Lem - gerne als Diskussionsthema offen.

Abstraktion und Postmoderne

Die sprachliche Definition der Kunst als Prozess und Produkt der gestalterischen Schöpfung von Menschen geleitet mich in die Abstraktion – die ihrerseits bisweilen als induktiver Denkprozess des Weglassens von Einzelteilen und des Überführens auf etwas Allgemeineres oder Einfacheres definiert wird. An diesem fiktiven Ort von Gedanken finde ich die Postmoderne, die in einer Art von Verzweiflung eines schöpferischen Produkts die Zukunft sein will, den Schrecken des vermeintlichen Despotismus der Moderne überwinden will. Sie wirkt als Relativismus in der Alternative zum totalitären Prinzip der Moderne. Dies gilt es mir nun zu abstrahieren. In der Postmoderne bedingt, stets ein relativistischer Zustand, der wie ein Elementarteilchen seinen Spin wechselt, aber nie zwischen zwei Zuständen oszilliert. Die Postmoderne als die Zukunft in der Gegenwart, die Immanenz von Formen und Ereignissen in Formen und Ereignissen, fluktuiert wie ein Erkenntnisstand. Aber dennoch kann sie vom Naturphilosoph gelassen als eine Abfolge von Ereignissen, ja gar als ein Ereignis von 9 192 631 770 Ereignissen in jeder Sekunde betrachtet werden. Die Schwingungen der Atome können einen Begriff der Abstraktion und einen Subjektivismus verdeutlichen. In meiner Malerei kann sich die Wissenschaft in den Pigmenten von Kupfer und Eisen finden, deren Spuren und Interaktionen nur mit speziellen bildgebenden Verfahren gezeigt werden können. So entsteht die Unsichtbarkeit einer Abstraktion, die nur mit erklärenden Worten als Potential sichtbar werden kann.

Korrelation und Kausalität

Ein Funken aus einer elektrostatischen Entladung offenbarte sich mir in der Betrachtung einer metallischen Installation. Die Wechselbeziehung zwischen der Aufladung meiner Kleidung und der Entladung am Metall zeigte nicht nur die Ursachen der Entladung, sondern auch die Eigenschaften zweier Körper in einem Inertialsystem. So kurz sich die Existenz der elektrischen Felder auch für Menschen sichtbar zeigte, ihre Wirkung in der Wechselbeziehung ist dauerhaft. Der Funken bleibt in Erinnerung, auch beim häufigen Blick in den klaren Sternenhimmel. Ob die für Menschen mit bloßem Auge sichtbaren Sterne noch existieren, bleibt eine Ungewissheit, der Blick in den Sternenhimmel bleibt ein Blick in die Vergangenheit. Der Grund für die Lichterscheinung, er könnte schon längst verschwunden sein und dennoch könnte die Lichterscheinung weit über die Lebensdauer unseres Sonnensystems hinaus nahe Orte erreichen. Das Knistern der elektrostatischen Entladung findet seinen Weg in Gehörgänge und verursacht viele mikroskopische elektrochemische Vorgänge in menschlichen Zellen, während das Individuum noch nicht einmal die Dimensionen der Interaktionen der Elementarteilchen am Ort der Entladung erahnt. Die Skulptur geht so eine elektrisch spezialisierte Wechselwirkung mit den Körpern und dem Inertialsystem ein. Die Ursache für die Wechselwirkung bleibt so veränderlich wie die Wechselwirkung selbst. Wann die Sichtbarkeit eintritt ist nicht nur eine Frage der Agitation und Aufmerksamkeit der Personen, sondern ein beispielhaftes Ereignis für die unvorstellbare Menge an Potentialen im Universum. War es nur das „Neugier“ genannte Potential in mir, das den Blick in den klaren Sternenhimmel und die Bewusstheit über die statische Elektrizität verursachte? Die Determination der Freiheit kann im Angesicht der atomar definierten Sekunde mit der Ewigkeit und der Unendlichkeit verstanden werden, zwei poetischen und doch hilflosen Begriffen, die das Übermenschliche verdeutlichen. Die Frage, ob das Kunstobjekt „Wasserforschungsprototyp Nr. 2“ eine Kausalität jenseits jeglicher lokaler Korrelation im Dielektrikum bedingt, konnte bisher weder mit der Physik noch mit der Fantasie des Künstlers beantwortet werden. Was bleibt, ist Staunen und Demut gegenüber der Größe des Universums und seiner Kräfte.